Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

Koch                                                                                                                                           2010-10-28

Drei Stühle, ein runder Tisch, eine improvisierte Wartezone, er sass da, im Büroteil der Autogarage, in welchem er auf den Einbau seiner Musikanlage wartete, auf die er nun schon über eine Woche hatte verzichten müssen, auf den übereinandergeschlagenen Beinen sein Macbook, suchte er in den Innereien des Computers nach sinnvollen Zusammenhängen, um die nächste Schulwoche zu planen. Er sass mit dem Rücken zu einer kleinen Werbevitrine neben der sich, ebenfalls hinter ihm, nur noch die Türe zum kleinen WC befand, zu seiner Linken, hinter dem eigentlichen Empfangstisch, sass die einzige Frau im Raum. Er las ihren italienisch klingenden Namen und wenn sie ihn aussprach, als sie Telefonate entgegennahm, dachte er, dass sie kein Wort italienisch könnte, so eigenartig unmusikalisch sprach sie ihn aus. Aber sie war Italienerin, daran bestand kein Zweifel und sie hatte einiges von dem, was Männer etwas länger als nötig in ihr Gesicht schauen liess. Ihre ruhigen dunklen Augen nahmen einen irgendwie gefangen, nur, sobald sie ihren Namen aussprach, trat bei ihm eine leichte Irritation auf.

Zu seiner Rechten war alles Glas und es war einer jener Herbsttage, wo die Sonne, nachdem sie  sich endlich durch den Nebel durchgekämpft hatte, trotz der Wärme, etwas Gleissendes, fast Unangenehmes hatte. Jedenfalls sah er jede Menge Staub auf dem Bildschirm und das was er eigentlich sehen wollte, war nicht so überzeugend zu erkennen wie sonst.

Da kam er herein, schwergewichtig, grüsste mit der Art von Bestimmtheit, die den bereits am Tisch Sitzenden vermuten liess, dass da einer eintrat, der wusste, was man kaufen konnte und was nicht. Sein Blick suchte den Geschäftsführer, welcher etwas weiter weg, dem bereits Anwesenden gegenüber, an seinem Schreibtisch sass, mit dem Rücken zur Glaswand und der ihn sofort als einen guten Bekannten begrüsste.   “ Trinken wir einen Kaffee?“ Bevor die Frage beantwortet war, fuhr der Geschäftsführer fort: “ Giusi, machst du uns schnell zwei Kaffee?“ Die junge Frau erhob sich sofort und machte sich an die Arbeit, während sich die beiden gewichtigen Männer ebenfalls an den Tisch setzten und in ansprechender Lautstärke, so dass eben jeder im Raum Anwesende sofort merkte, dass sie gewohnt waren, dass man ihnen das Wasser reichte, begannen sie ihr Gespräch.

Offenbar war bei Koch, so hiess der Neuankömmling eingebrochen worden, man hatte den Tresor gleich mitgehen lassen und darin befanden sich unter anderem auch die Ersatzwagenschlüssel, welche es notwendig machten, dass man an seinem Wagen die Schlösser auswechseln musste. Man erläuterte Versicherungsfragen, welche Versicherung nun zu zahlen hätte, die Mobiliar oder die Autohaftpflicht, Probleme, welche mit einfachen Telefonaten abzuklären und zu erledigen waren. Das Gespräch kam bald auf einen gemeinsamen Bekannten, der, wie sich herausstellte am kommenden Dienstag beerdigt werden sollte. “ Wegen einer Frau, es gibt immer noch solche Arschlöcher, die sich wegen einer Frau, .. aber eben, man sieht ja nicht in einen rein“, meinte Koch. “ Ja, und dann hat sie ihn noch gefunden“ ergänzte schliesslich der Geschäftsführer. Und dann war der erste Allgemeinplatz fällig: “ Ja, ja, die verfluchten Weiber “, entfuhr es Koch, “man hätte ihnen das Stimmrecht nie geben sollen. Ich hätte vor einigen Jahren fast eine Initiative lanciert, hunderttausend hätte ich zusammen gebracht, aber eben.“ - “Was meinen sie?“ fragte er den mit dem Book, der sich immer schwerer tat, gedanklich bei seiner Arbeit zu bleiben.    “ Weltliteratur “ , entfuhr es ihm nach kurzem Überlegen, er wollte auf keinen Fall eine Provokation äussern, trotz allem, und noch bevor er ins Gespräch integriert war, war er wieder draussen.

Kurz darauf, der Kaffee war schon lange serviert und getrunken worden, verliessen die beiden Schwergewichte das Office. Der Verbleibende klappte den Deckel seines Books zu und versank in der Frage, wie er die letzten zwanzig Jahre aus seinem Gedächtnis auslöschen könnte. Er hatte zwar gehört, dass am Schluss immer das Schöne übrigbliebe, aber bei ihm schien sich das nicht zu bewahrheiten.

Durch * gekennzeichnete Felder sind erforderlich.